Jo sagt mir, dass ein Lehrer angemerkt („complain“) hätte, ich würde beim unterrichten meine Füße auf eine gegenüberlegende Bank legen, dass würde die nötige Seriosität vermissen lassen. In mir schossen sofort einige Gedanken hoch: wer hat das gesagt? Warum hat er das? Ich mache das nicht während ich unterrichte, höchstens wenn der Schüler eine Aufgabe selbstständig lösen soll. (Mindestens) die meisten Lehrer verbringen weniger Zeit mit unterrichten als ich (gut, sie korrigieren auch), und dann beklagt man meine Sitzhaltung? Was ist das für eine Idee, die Seriosität anhand der Sitzhaltung zu ermitteln? Ich frage Jo, schon davon ausgehend keine Antwort zu bekommen, wer ihm dies gesagt hätte. Das kann ich dir nicht sagen. Warum nicht? Das spielt gar keine Rolle, unwichtig wer das gesagt hat, die Frage ist ob du dich so verhalten hast. Nur bedingt, so funktioniert Kommunikation nur als Einbahnstraße! Wollte jemand nur klagen? Geht es wirklich um die Sitzhaltung? So kann man nicht darüber sprechen. So mache ich mich als Kritiker unsichtbar. Ich akzeptiere es mit einem leichten Kopfnicken. Wir lassen die Situation mehr oder weniger so stehen. Jo betont nochmal, dass wir eine Vorbildfunktion haben, die Leute auf unser Verhalten und unsere Einstellung achten, und es wichtig ist, dass wir uns „seriös“ verhalten. Eigentlich sollten wir nun wirklich nicht als Vorbild fungieren, bzw. nur gegenüber den Schülern, aber nun gut.
Wir setzen unser Meeting fort, kommen bald zum Ende und verabschieden uns wie üblich mit besten Wünschen gegenseitig ins Wochenende.
In dieser Situation, hat es mir ungemein geholfen, dass wir uns auf unserem Zwischenseminar mit interkultureller Kommunikation auseinandergesetzt haben, bzw. Johannes uns ungemein viel zu diesem Thema mitgegeben hat. Ich versuche im Folgenden, einen Einblick in das uns vermittelte zu geben.
Vorweg: ich werde der Einfachheit halber oft absolut schreiben, es geht bei allem aber immer um Tendenzen. Nichts von dem Beschriebenen gibt es in absoluter Form! Wir alle kennen und erleben immer wieder beide „Kulturen“ und „Kommunikationsformen“.
Individualistisch
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Kollektivistisch
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Ich: Wenn alle Ich’s glücklich sind, dann sind Wir glücklich
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Wir: Wenn Wir glücklich sind, dann bin Ich glücklich.
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-> Low Context Communication
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-> High Context Communication
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Gewissen: Was ich sage, meine ich so, es ist ehrlich
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Scham: Was ich sage, hängt vom Kontext ab
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Wahrheit / objektiv / direkt
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Kontext / subjektiv / indirekt
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Ehrlich / unhöfliche Direktheit
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Respekt / „Hintenrum“, Lüge
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Bei der deutschen (wie auch der gesamten westlichen/der des globalen Nordens) Kultur sprechen wir von einer individualistischen Kultur (im folgenden iK). Bei der ghanaischen Kultur (wie auch bei vielen anderen afrikanischen Kulturen/vielen Kulturen des globalen Südens) hingegen sprechen wir von einer kollektivistischen Kultur (im folgenden kK). Wichtig hierbei ist anzuerkennen, dass es zwei unterschiedliche Kulturen sind, jeweils mit Vor- und Nachteilen! Eine Wertung verbietet sich, meiner Meinung nach.
Während bei der iK das Ich im Vordergrund steht, steht bei der kK das Wir im Vordergrund. Daraus entsteht jeweils eine anders gewichtete Kommunikation. Bei der „Low Context Communication“ (vorzugsweise in iK benutzt) sprechen wir sehr direkt, auf Objektivität und Wahrheit bedacht, unser Gewissen leitet uns. Positiv bezeichnen wir dies in der Regel als Ehrlich, negativ als unhöfliche Direktheit, die Respekt vermissen lässt. Bei der „High Context Communication“ (vorzugsweise in kK benutzt) hingegen, sprechen wir eher indirekt, auf Subjektivität und den Kontext bedacht, unsere Scham leitet uns. Positiv bezeichnen wir dies als Respektvoll, negativ als eine Form von „Hintenrum“ oder gar als Lüge.
Während es innerhalb der „Low Context Communikation“ üblich ist, ein Problem sehr direkt anzusprechen, mit der anderen Person hierüber ins Gespräch zu kommen, ist gerade dieses Verhalten innerhalb der „High Context Communikation“ unhöflich. Hier würde man eventuell über einen Freund, der auf der gleichen Ebene steht, das Problem an die Person herantragen, oder eben auch etwas loben um es kurz danach verändern zu können (man hätte hierbei die andere Person aber vor einem Gesichtsverlust bewahrt, das ist sehr wichtig).
Wichtig hierbei: jeder von uns hat beide Kommunikationsformen schon benutzt, wir alle kennen beide. Nur, in manchen Regionen überwiegt halt die Eine, in anderen die Andere.
Mir hat dieses Wissen, glaube ich, sehr geholfen, um mit der oben Beschriebenen Situation umzugehen.
Ein Teil unseres Aufenthalts hier ist es, so glaube ich, mit dieser Kultur und der Kommunikationsform einen guten Umgang zu finden und diese auch in Teilen für uns anzunehmen.
Alles Beschriebene habe ich wiedergegeben, wie ich es auf unserem Zwischenseminar aufgenommen habe.
Ich bin sehr dankbar für das Seminar und alles, was ich von dort mitnehmen durfte!
(Jona – 26.03.)
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