Samstag, 22. Juli 2017

Spenden

»Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt, lehre ihn Fischen, und er wird nie wieder hungern.«  chinesisches Sprichwort

»Wohltätigkeit ist die Ersäufung des Rechts im Mistloch der Gnade« Johann Heinrich Pestalozzi

Wir können uns echt glücklich schätzen, dass es bei uns wenig um das Thema Spenden geht. Wir werden hier darauf nicht angesprochen, unsere Organisation ist bereit, alles ausgesprochen Sinnvolle abzudecken, bietet die Möglichkeit, dass die Spenden „kanalisiert“ werden, d. h. unpersönlich und über die Organisation übermittelt werden.
Dennoch ist der Themenkomplex „Spendengelder“ einer, der viele Freiwillige sehr stark begleitet (das konnten wir auch auf unserem Zwischenseminar erfahren) und mit dem sich eine Auseinandersetzung lohnt, so glaube ich, für jeden von uns, da die meisten von uns im Laufe ihres Lebens (erhebliche Summen) spenden.
Spenden ist dabei sicherlich kein einfaches Thema und nicht per se gut oder schlecht! Vielmehr ist eine oft formulierte Forderung, der Spender sollte sich unbedingt die Mühe machen, genau zu schauen, wohin seine Spenden fließen – das heißt keines Wegs, den Empfänger nicht zu vertrauen, denn auch das ist sehr wichtig. Und gerade in der Situation als Freiwilliger, sind Spenden ein besonders prekärer Punkt.
Bereits auf unserem Zwischenseminar habe ich mich mit einigen über das Thema unterhalten, jetzt habe ich mir die Unterlagen der ICJA „Spende gut, alles gut?“ (https://www.google.com.gh/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0ahUKEwj18dGkzJ_UAhVLKFAKHROZCRMQFggkMAA&url=http%3A%2F%2Fwww.weltwaerts.de%2Fde%2Fid-04-07-2016-spende-gut-alles-gut.html%3Ffile%3Dfiles%2F_media%2Fcontent%2FDokumente%2F3_EO%2FPublikationen%2Fpub_spendegut_DE_2016.pdf&usg=AFQjCNEOKD-A_EN2STjWwFJLhNiUV6AR5g) durchgelesen – und möchte einige meiner Gedanken bzw. gewonnenen Punkte teilen. Viele Punkte beziehen sich natürlich auch insbesondere auf Spenden im Kontext von Freiwilligenarbeit, ich denke trotzdem, dass sie einen interessanten und zur Auseinandersetzung anregenden Einblick geben können – vielleicht führt es ja zu einem bewussteren Spenden.

Spenden schaffen immer eine Hierarchie zwischen Spender und Spendenempfänger – teilweise gar ein Abhängigkeitsverhältnis.
Weiße werden im globalen Süden zumeist als Menschen mit viel Geld, nahezu unbegrenzten Möglichkeiten der Geldschöpfung wahrgenommen – wenn schnell und problemlos Geld akquiriert werden kann, fördert das dieses Bild.
Wenn regelmäßig Spenden eintreffen, wird ggf. nicht mehr selbst aktiv nach Lösungen gesucht, sondern nur auf die nächste Spende gewartet.
Spenden laufen Gefahr, dass vorhandene soziale System zu destabilisieren.
Spendenempfänger sind abhängig von der „Güte“ und „Stimmung“ der Spender, können Spendengelder (im Gegensatz zu staatlichen Hilfen) nicht einklagen.
Spenden bevorzugen immer eine Gruppe, sind unfair (Oftmals ist die Gruppe der Spendenempfänger gar nicht die Ärmste, sondern eine, die über Kontakte verfügt, um Spendengelder zu akquirieren).
Spender erkaufen sich ein gutes Selbstwertgefühl, Spenden wird zur Dienstleistung in einer ungerechten Welt.
Spenden täuschen über die viele Ungerechtigkeit im System, die dringend verändert werden müssen, hinweg.
Spenden ist oftmals egoistisch motiviert, so kann ich die Armut besser ertragen.
Spenden reproduzieren koloniale Denkmuster.

Spenden sollten versuchen, langfristig unabhängig zu machen („Angel“).
Spendengelder sollten „kanalisiert“ werden, d. h. über eine Organisation und unpersönlich (der Spender wird nicht benannt) weitergegeben werden.
Damit eine Nachhaltigkeit entstehen kann, müssen die Personen vor Ort einbezogen werden.
Es sollte immer um einen Austausch gehen: A gibt Geld für einen Garten, B verpflichtet sich dieses zu pflegen, das Gemüse auf dem Markt zu verkaufen und der Gewinn kommt der Schule zugute.

Freiwilligen begegnet oft eine deutliche Erwartungshaltung, wenn Vorgänger erhebliche Beiträge gespendet haben.
Niemand sollte in andere Länder gehen, um etwas „Gutes zu tun“, im Heimatland für mehr Gerechtigkeit gegenüber Länder des globalen Südens zu sorgen (Stichwort: unfaire Handelsabkommen) ist viel wichtiger.
Freiwillige schauen mit einer europäischen Brille, schätzen Situationen schnell falsch ein, sehen nicht wo tatsächlich und wo vielleicht gar nicht Geld benötigt wird.
Der eigentliche Sinn des Freiwilligendienstes – der kulturelle Austausch – droht angesichts von Spenden schnell in den Hintergrund zu rücken.

Überprüft, ob eure Spende langfristig unabhängig oder abhängig macht!
Spenden muss auf Augenhöhe stattfinden!
Haltet den Anteil der Spendengelder am Gesamtvolumen gering!
Maßnahmen immer unter Beteiligung aller Nutznießer vereinbaren!
Spenden nicht zur Durchsetzung eigener Veränderungsideen einsetzen!


»Ich höre, dass in New York

An der Ecke der 26. Straße und des Broadway

Während der Wintermonate jeden Abend ein Mann steht
Und den Obdachlosen, die sich ansammeln
Durch Bitten an Vorübergehende ein Nachtlager verschafft.

Die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt
Aber einige Männer haben ein Nachtlager
Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten
Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße.

Leg das Buch nicht nieder, der du das liesest, Mensch.

Einige Menschen haben ein Nachtlager
Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten
Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße
Aber die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich dadurch nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt.« „Nachtlager“, Bertolt Brecht
(Jona - 02.06)


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