Am Mittwoch kam Jo bei uns rein und wollte unsere Reisepässe
sehen; unser Visa war bereits abgelaufen! Wir waren uns eigentlich wohl sicher,
dass drei Monate draufstanden, und noch sicherer, dass wir für drei Monate
bezahlt haben. Nun gut, er sagte, Freitag würden wir gemeinsam nach Accra
fahren. Wie lange wir denn weg sein werden, wollten wir wissen, worauf Jo erwiderte,
lediglich einen oder zwei Tage. Wir fragten ihn, ob wir nicht bis Sonntag
bleiben könnten und er uns bei der Gelegenheit ein bisschen Accra zeigen könnte
(er ist dort aufgewachsen) und er stimmt zu. Donnerstagabend waren wir uns dann
alle beisammen unsicher, ob es losgehen würde, da der Pick-up noch zur
Reparatur unterwegs war; die Ansage war, wenn der Pick-up noch wiederkommt,
geht’s morgens um 8:00 Uhr los. Spät abends kam Jan vom Telefonat wieder rein
mit der Nachricht, der Pick-up ist wieder da. Wir packten also alle noch unsere
Sachen zusammen, bevor wir schlafen gingen.
Morgens frühstücken wir gemeinsam ehe es losgeht, allerdings
mit Monsignors Wagen, am Pick-up wird noch rumgewerkelt. Enttäuschend stellen
wir fest, dass nicht Jo fährt, sondern unserer Fahrer. Für uns vier bedeutet
das: sechs Stunden auf der Rückbank kuscheln!
Sechs Stunden, viele Schweißtropfen und einige „Beinkrämpfe“
später kommen wir dann auch endlich in Accra an.
Zuerst geht’s zum Bankautomaten: Jo schätzt das wir pro
Person gut 500 Cedi zahlen müssen; soviel Geld haben wir natürlich nicht bar.
Als wir alle unser Geld abgehoben haben geht’s zur National Identification
Authority. Hier beantragen wir unsere non-citizen Identification Card. Nach
circa einer halben Stunde kommen wir alle mit einer schicken Karte raus; nur
die frisch gemachten Fotos sind vielleicht nicht so super schön.
Danach müssen wir erstmal wieder zum Bankautomaten: für die
ID Card waren die Hälfte der 500 Cedi eingeplant, zahlen mussten wir aber 477
GHS. Mit wieder etwas mehr Geld in der Tasche geht es zum Sekretariat der
ghanaischen Bischofskonferenz. Hier werden unsere Reisepässe eingesammelt und
wir sollen jeder 330 GHS zahlen; da unser Visum bereits abgelaufen ist. Wir
gucken uns die Reisepässe nochmal an, und stellen fest das bei zweien von uns
eine 60, bei zweien eine 30 drinsteht. Die Herren am Schalter bei der Einreise
scheinen unterschiedlich drauf gewesen zu sein. Nun ja, so müssen zwei nur 250
GHS zahlen. Auf dem Weg zum nächsten Raum frage ich Jo, warum wir den bitte der
Bischofskonferenz Geld zahlen sollen. Jo erklärt mir, dass diese lediglich das
Visum für uns beantragen. Na gut! Aber warum zwei Mal zahlen, für ID Card und
Visum!? Das ist nun mal so, bekomme ich als etwas unzufriedenstellende Antwort.
Anschließend essen wir gemeinsam in der Kantine.
Die Behördengänge sind erledigt, als nächstes fahren wir zu
Jo’s Familie. Der ganze Kofferraum ist voll mit Lebensmitteln; und zwei Hühnern
(immer wieder aufs neue habe ich mich während der Fahrt erschreckt, wenn diese
einfach angefangen haben zu gackern). Wir begrüßen die Mutter und einige der
neun (!) Geschwister. Nach kurzem – und nettem – Stopp fahren wir weiter. An
der Universität halten wir und steigen aus. Mehrere Stunden werden wir mit Jo
über das Gelände laufen. Die Universität ist hier eine eigene Kleinstadt. Viele
Studenten wohnen auf dem Gelände, und man muss dieses auch eigentlich gar nicht
verlassen. Es ist cool zu sehen, wie in Jo die Freude der Zeit wieder aufglüht.
Er zeigt uns die Räume in denen er gewohnt hat (von außen) und jene in welchen
er studiert hat (2 Jahre Tanz, 3 Jahre social work) und noch viel wichtiger,
die Orte an denen er Sport gemacht hat. Sein Badminton Trainier ist immer noch
Trainier für das Uniteam (ja, er hat in den ersten Jahren für seine Hall
Fußball gespielt, dann aber auch für das Uniteam Badminton und für seine Hall
Volleyball). Gegen einen jetzigen Studenten spielt er eine Partie: wir gucken
gespannt zu; gar nicht schlecht die Performance! ;)
Danach dürfen Jan und ich uns ein bisschen austoben; sehr
cool! Das System ist hier ein bisschen wie in Amerika, erklärt Jo: wenn du für
deine Hall (es gibt auf dem Unigelände circa acht unterschiedliche; einige sind
von Berufsgruppen – er hat am Ende in der Farmers Hall gelebt – gesponsert,
einige vom Staat) spielst, bekommst du kostenlos einiges an Essen; und kannst
das Student sein ein wenig mehr genießen. Wettkämpfe sind hier nahezu
allgegenwärtig; genau das hat er so geliebt.
Es ist schon längst dunkel und wir hören auf unserem Weg
über das Gelände laute Musik, wir gehen also erneut zu den Gebäuden wo getanzt
wird. Nachdem wir gerade erst erfahren hatten, dass Jo auch Tanz studiert hat,
wollen wir natürlich was sehen. Und bei einem Tanz tanzt er dann auch mit. Das
ist schon cool; und er hat es auch wohl drauf :D Nach einigen Minuten kommt er
nass geschwitzt wieder, wir gucken noch ein bisschen zu und gehen dann zurück
zum Auto, welches uns zu unserer Unterkunft bringt. Wir verabschieden uns von
Jo und dem Fahrer und verabreden, dass es morgen um 10:00 Uhr weitergehen
solle.
Ich denke mir, dass man genau das hier schon echt vermisst:
unter gleichaltrigen sein, Sport machen, sich messen, einfach Spaß miteinander
haben. Hier sind wir entweder unter Lehrern und Erwachsenen oder bei den
Schülern, diese sind zwar teilweise faktisch nur zwei-drei Jahre jünger,
gefühlt ist das dann aber eben doch wesentlich mehr.
Nach kurzer Pause in unserem Zimmer (für fünf Euro pP/Nacht,
mit Ventilator aber ohne Steckdose und mit Gemeinschaftsduschen) machen wir uns
auf die Suche nach Essen. An der Hauptstraße des Viertels, Oxford Street ist
der klangvolle Name, finden wir einiges: Restaurants mit deutschen Preisen – in
Cedis gelesen alles viel zu teuer für eine Mahlzeit – und einige Möglichkeiten
an der Straße zu essen. Wir entscheiden uns für gegrilltes Fleisch mit Brot –
nur für unseren Vegetarier ist das nichts, Jan findet aber Teigwaren, die ihm
schmecken. Als wir wieder im Zimmer sind, lassen wir uns erschöpft auf unsere
Betten fallen, ein anstrengender Tag – dieses im Auto sitzen ist mindestens
genauso anstrengend wie Sport.
Pünktlich um 10:00 – kleiner Spaß, natürlich eine
Dreiviertelstunde zu spät kommt Jo mit dem Fahrer und wir machen uns auf eine
Entdeckungstour durch Accra. Bei unserem ersten Stopp sehen wir den Park für
Kinder (am Wochenende und in den Ferien wird hier Programm angeboten) und das modern
anmutende National Theatre. Ein Bruder arbeitet hier, den erreicht Jo
allerdings leider nicht.
Wieder im Auto machen wir uns auf den Weg zum Mausoleum des
ersten Präsidenten Ghanas. Wir laufen am Park entlang (hineingehen hätte Geld
gekostet) und kommen zum African market. Hier werden viele Kleinkunstartikel
angeboten. Von Bildern über Holzfiguren und Trommeln bishin zu Kleidung und
Rucksäcken im ghanaischen look bekommt man hier alles. Wir werden immer ins
Hinterzimmer gebeten, damit wir uns auch wirklich alles anschauen können.
Einige Sachen sind wirklich schön! Bis zum Meer sind es nur ein paar – echt
dreckige, voller Müll beladene – Meter, dennoch ist der
Ausblick wunderschön
und ich muss sofort hineinrennen. Natürlich ist die Welle höher als gedacht und
macht mich bis zur Hüfte klitschnass. Aber hier ist es ja immer richtig warm!
Warum ich hier nicht schwimmen gehen soll: zu dreckig. Und der Dreck ist
tatsächlich mehr als ein kleines Schönheitsmarkel: alles ist voll Dreck, es ist
schier unvorstellbar wieviel Plastikmüll das Meer anschwämmt (und auch die
Leute teilweise hier hinbringen). Und sauber gemacht wird der Strand nur ein
paar hundert Meter weiter, wo die teuren Hotels und Bars für „uns Weißen“ sind.
Auf dem Weg zurück bleiben wir an einem
Fußballfeld stehen.
Nach wenigen Minuten wird angepfiffen und Jan und ich gucken gespannt den sich
circa in unserem Alter befindenden Mannschaften zu. Es macht Spaß zuzugucken;
und gemeinsam wird diskutiert, was man besser machen müsste und was gut gemacht
wird :D
Viele Stunden sind vergangen und es wird Zeit für ein –
mittlerweile leicht verspätetes – Mittagessen. Jo zeigt uns seine
Senior-High-School und möchte mit uns eigentlich in der Kantine essen, diese
ist aber zu. Dafür bestaunen wir den Fußballplatz, auf dem er gemeinsam mit der
ghanaischen U17 Nationalmannschaft trainiert hat. Zuerst war das kostenlos, als
dies aber später Geld kostete wollte sein Vater das nicht zahlen (nicht das der
Eindruck entsteht er wäre geizig gewesen: er hat zehn Kindern die
Senior-High-School und zweien die Universität bezahlt) und er konnte nicht mehr
mittrainieren. Sonst wäre er vielleicht mit zur Weltmeisterschaft (der U17)
gefahren; Ghana hat damals gewonnen!
Wir essen in dem Restaurant, in dem wir auch am Tag nach
unserer Ankunft aus Deutschland gegessen haben. Irgendwie komisch und spannend,
sich daran zurück zu erinnern.
Nach dem Essen geht es zum Circle, mein Handy soll hier
repariert werden. Die einfache Regel lautet, was man hier nicht bekommt braucht
man auch in ganz Ghana nicht erst zu suchen! Nach einiger Zeit des Wartens
während der Reparatur (ich bin echt happy als mein Handy wieder einen strahlend
neuen Display hat) setzen wir uns wieder ins Auto und fahren noch zur Accra
Mall. Ich hoffe auf ein Stückchen Käse (ich glaube, den vermisse ich an Essen
echt am meisten) und stelle in dem Supermarkt, in dem man tatsächlich nahezu
alles kaufen kann (in dem übrigens auch – zumindest gefühlt – mehr nicht
dunkelhäutige als dunkelhäutige zugegen sind) fest, dass dieser hier mindestens
dreimal so teuer ist wie bei uns und entscheide enttäuscht, dass das Preise sind
die ich nicht unterstützen kann! Wir kaufen ein paar Kleinigkeiten wie
(niederländischen) Schokoaufstrich (Ghana ist zwar einer der größten
Kakaoproduzenten der Welt, aber verarbeitende Industrie gibt es – nahezu – gar
nicht. Also ist der Kakao schon ein bisschen rumgekommen). Anschließend geht es
zurück zur Unterkunft – es ist mittlerweile auch schon wieder sechs. Jo
verabschiedet sich von uns, er wird noch einen Tag länger in Accra bleiben. Wir
verabschieden uns und bedanken uns herzlich, die zwei Tage in Accra waren echt
cool!
Im Zimmer angekommen ist mein Handy Akku fast leer. Voller
Enttäuschung und Frustration stelle ich fest, dass ich das Handy nicht mehr
aufladen kann; bei genauer Betrachtung stelle ich fest, dass auch Kopfhörer und
Mikro nicht mehr funktionieren. Jo bietet am Telefon an, es am nächsten Morgen
abzuholen und zu dem Typ der es „repariert“ hat zu bringen, dass er es sich
nochmal anschaut. Der Abend ist trotzdem irgendwie gelaufen.
Nach einer Pause machen wir uns auf, um wieder nach Essen zu
schauen. An derselben Straße finden wir nur dieselben Möglichkeiten wie tags
zuvor und kommen irgendwann am „Ende“ (hier wurde es dunkler und es gab keine
Stände mehr) an. Jan schaut auf seinem Handy nach, wie weit es noch zum Meer
ist (er hatte vorher schon festgestellt, dass es von unser Unterkunft nur eine
gute halbe Stunde ist) und Jan und ich wollten die gut zehn Minuten noch gehen,
die Mädchen entschieden umzudrehen.
In einem noch offenen Supermarkt kaufen wir uns Kekse, Saft
und Baguette, davor kaufte ich mir eine gegrillte Wurst. Nach einiger Zeit des
Laufens gingen wir durch eine Bar (das führte später zu Problemen – dazu
schreibe ich vielleicht später nochmal extra was) und kamen am Meer an: einfach
Grandios! Diese Ruhe und Kraft die das weite Meer ausstrahlt, bei dem
angenehmen Geräusch der Wellen. Einige Minuten stehe ich einfach da, mit den
Füßen im Wasser und genieße es. Ein bisschen des Frustes über das „reparierte“
Handy schwindet und ich merke, dass es mir einfach guttut, so dort zu stehen.
Nach einiger Zeit entscheiden Jan und ich den Strand entlang zu gehen. Nach
mehreren Minuten setzen wir uns auf Fischerschiffe, die dort stehen und
genießen Saft mit Plätzchen (wir hatten uns auf Jans betreiben für die etwas
edlere Variante entschieden – eine gute Idee!). Nach einer Weile machen wir uns
auf den Rückweg.
Wieder auf der lauten Straße an einer Bar vorbeigehend holt
Hannah uns ein, sie hatte den Schlüssel für das Zimmer. Wir setzten uns noch
kurz zu den Mädels – natürlich in Gesellschaft einiger charmanter Herren –
bevor wir ins Hotel zurückgehen und bald dann auch schlafen. Am nächsten Morgen
werden wir erfahren, dass die Mädels noch in einen Club weitergezogen und erst
um vier Uhr zurückgekommen sind.
Ich wache auf und bin – für mich wirklich sehr ungewöhnlich
– sofort wach, denn ich möchte zum Strand! Es ist erst halb sieben – eine für
mich normalerweise ohne Wecker nicht erlebbare Zeit – und nach einigen Minuten
wird Jan dann auch wach – vielleicht habe ich ihn mit meinen mentalen Kräften
geweckt :D Nach einigen Minuten und mit einiger Überredungskunst kommt der
faule Herr dann auch aus seinem Bett und wir machen uns auf den Weg zum Meer.
Trotz der frühen Zeit ein ganz schön schwitziges Unterfangen.
Am Strand
angekommen, entkleidet und im Wasser wissen wir beide ganz genau: das hat sich
gelohnt. Wir brechen die Wellen (:DD) und genießen zuerst die Kühle des Meeres
und dann die Wärme der Sonne auf dem Sand liegend. Nach anderthalb sehr
lohnenswerten Stunden machen wir uns auf den Rückweg. Die Mädchen sind
mittlerweile auch auf und nach einer Dusche machen wir uns auf den Heimweg –
diesmal mit etwas Platz! Jan navigiert uns sicher – mit einem kleinen Schlenker
;) – aus der Metropole heraus.
Ein schönes und anstrengendes Wochenende ist fast vorbei,
als wir in Hohoe (ca. eine Stunde von uns entfernt) einfahren – denken wir.
Unser Fahrer aber entscheidet sich noch bei seiner Familie vorbeizufahren. So
kommen wir knapp drei Stunden später fertig zu Hause an. Eigentlich echt nett,
wie unser Fahrer uns seine Familie vorgestellt hat (der zweijährige Sohn ist
auch echt süß), aber wir waren halt doch fertig und wollten eher nach Hause.
Zu Hause angekommen gehen wir alle nach dem Abendessen bald
schlafen – wir sind uns einig, dass sich solch ein Wochendtrip lohnt und
wiederholt werden sollte! :-)
Du schreibst so cool, Jona!
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