Sonntag, 12. März 2017

Independence Day

Pünktlich wie eh und je stehe ich um kurz nach sieben auf dem Fußballfeld, wo heute die Parade stattfinden soll. 60 Jahre Unabhängigkeit von den Briten feiert Ghana heute; seitdem ist viel passiert, demokratische gewählte Präsidenten wechselten sich mit Militärputschen ab – mittlerweile ist der letzte Putsch aber viele Jahre her und man ist sich auch wohl sicher, dass man dorthin nicht mehr zurückkehren wird. Jedes Jahr gibt es am 06. März eine große Militärparade am Black Star Square in Accra; und in den Dörfern marschieren die Schüler. Ich schaue mich um, ein paar Zelte und Stühle sind aufgebaut, eine Ghanaflagge weht an einem Bambus – und ich bin ganz alleine! Dabei hatte ich Donnerstag extra nochmal nachgefragt: ich soll um sieben kommen, sie würden früh, wenn es noch kalt ist, marschieren; wenn ich erst nach acht kommen würde, bräuchte ich gar nicht mehr kommen. Ich überquere den Platz, setzte mich auf einen Stuhl, Gott sei Dank habe ich ja mein Handy dabei, alleine bin ich also schon mal nicht :D Nach einer knappen halben Stunde (die ich größtenteils mit dem Känguru Manifest verbracht habe, in Guaman ist das Internet einfach grausig), kommt James (den habe ich im letzten Term unterrichtet) und sagt mir, ich solle doch mal zur Schule gehen, die anderen würden sich dort treffen; er gehe aber noch zum Haus seiner Mutter – nun gut, ich mache mich auf, knapp 15 Minuten laufe ich durch den Ort, es ist ja noch nicht soo heiß.
Dort angekommen toben knapp 30 Schüler herum – kein Lehrer, weit und breit. Ich werde freundlich begrüßt, setzte mich, quatsche ein bisschen und warte. Um kurz nach acht kommt der erste Lehrer, Vasco. Er ist überrascht, dass er der erste Lehrer ist, dachte alle wären schon am Feld, wir setzten uns und quatschen und warten. Um halb neun dann ziehen wir gemeinsam mit der Primary und lauten Trommeln marschierend durch den Ort, zurück zum Fußballfeld. Auf dem Weg nehmen wir die Chiefs mit, sie laufen hinter uns her (ich habe das Prinzip leider noch nicht so ganz geblickt. Es gibt auf jeden Fall mehrere im Ort, dann gibt es auch noch Subchiefs und manchmal laufen die Elders auch neben denen). Am Platz angekommen, setzten sich die Chiefs, die Schüler stellten sich auf und wir setzten uns hinter ihnen.
Ein Programm wird herumgereicht (ganz schön viele Punkte denke ich mir :0) und nach Gebeten (christlich und traditionell; in Guaman gibt es keine Moschee) und Begrüßungen, sowie Singen der Nationalhymne und Aufsagen des Versprechens („pledge“) geht es dann auch los, die Schüler marschieren, class one (Primary) beginnt, Mädchen und Jungen jeweils getrennt.
Ich bin überrascht über die lockere Atmosphäre, habe mir das ganze irgendwie „autoritärer“ vorgestellt. Es wird viel gelacht, bei der letzten Gruppe läuft einer unserer Lehrer mit (ich bin sowas von froh, dass ich nicht mitlaufen muss; beim Üben wurde ich schon kräftig ausgelacht) und anschließend läuft ein Trupp der Müllabfuhr, sowie die Frauen aus dem Dorf, die vor den Chiefs statt dem obligatorischen Salut so tun, als würden sie Fufu pumpen/stampfen.
Als sich alle wieder auf den Weg nach Hause machen, lädt mich ein Lehrer auf ein Bierchen ein, gemeinsam sitzen wir noch eine ganze Zeit im Spot in Guaman und unterhalten uns sehr nett, ehe ich mich auf den Weg nach Hause mache.

Hannah, die währenddessen in Nsuta war (und eine Stunde später los ist, wie gemein!) und nur ein paar Minuten nach mir eintrifft, sagt, dass wir zum Mittagessen jetzt gleich zu Monsignor sollen. Also springen wir unter die Dusche, holen Essen und gehen zu Monsignor. Der  guckt die Liveübertragung aus Accra. Er lädt uns ein, uns auf sein Bett zu setzten und gemeinsam schauen wir, er erklärt immer wieder ein bisschen und erzählt über Ghanas Geschichte. Bald werde der Präsident sprechen, das wolle er vorm Essen noch sehen. Er sagt, ich solle doch Cola und Fanta aus dem Kühlschrank holen und während ich das tue, steht er auch auf, und holt, zu unserer Überraschung, von deutschen Besuch mitgebrachten Hochprozentigen. Ich rieche nur, Hannah probiert – wir beide wollen nicht. Monsi macht sich eine Mischung mit Fanta, ich probiere, ganz schön stark! :0 Monsi tanzt ein bisschen auf der Stelle, setzt sich wieder, erzählt uns was der Präsident so sagt; erklärt, dass das Einbeziehen der Partei in die Rede eine Provokation sei, die viele ärgern wird, anschließend essen wir gemeinsam.

Ich hatte einen echt netten und sehr unterhaltsamen Tag: auf dem Fußballfeld, im Spot und bei Monsi auf dem Bett! ☺

(Jona)

1 Kommentar: